Areal Emscherquelle

Die rund 80 Kilometer lange Emscher entspringt in Holzwickede im Hixterwald, einem ländlich geprägten Umfeld. Die Landvermesser des preußischen Königs erstellten 1824 ein Urkataster in dem sie den Lünschermannhof als Quellgebiet festlegten. Hier fließt Emscherwasser aus fünf Quelltöpfen zusammen. Aus diesen Quellen entspringen pro Minute etwa 50 Liter Wasser, die sich zu einem kleinen Bachlauf vereinigen. Nach nur 200 Metern sind davon gerade einmal 20 Liter übrig, der Rest versickert „geheimnisvoll“ im Untergrund. Geologische Untersuchungen konnten das Verschwinden des jungen Emscherwassers klären: Durch den Bergbau entstanden neue unterirdische Wasserwege, die das Quellwasser teilweise aufnehmen und an einer anderen Stelle wieder zu Tage befördern.
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Standort ARCA
Kreuzung: Quellenstraße / Landskronerstraße Holzwickede
51°29’20.2″N 7°36’28.2″E
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Zeitraum
22. Juni – 3. Juli 2016
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ExpediteurIn: Markus Zimmermann

1. Juli 2016

Areal Emscherquelle

Zum Umgang mit Gruppen II

Eine Gruppe Radfahrer kommt an und stellt ein Gruppenfoto vor dem Schiff. Dann besteigen sie fast gleichzeitig die Treppe und schicken sich allesamt an in die Kabine zu krabbeln.

Ich entgegne: Es darf immer nur einer das Ritual mitmachen.

Sie missverstehen es und denken es darf überhaupt nur einer das Ritual mitmachen und beginnen sofort mit der Beratschlagung, wer von ihnen der Auserwählte sein darf oder soll.

Ich bin von dieser Verhandlung ganz angetan und korrigiere das Missverständnis nicht.

Wer solls denn sein? Der Klügste, der Vorsitzende, der Kunstaffinste. Schließlich fällt die Wahl auf Herrn Ulrich den Ältesten…

Nach Auswahl, Erzählung, Tausch und Zerstörung steigt Herr Ulrich die Treppe hinab und ich beobachte wie er zu seiner Gruppe zurückkehrt, sich vor ihnen aufstellt und gestenreich zu berichten beginnt.

ENTSTEHUNG VON MYTHEN
Handlungsanweisung:

Wenn Gruppen -bestehend aus mehr als drei Personen- kommen, so darf nur eine Person aus der Gruppe das Schiff besteigen und das Ritual mitmachen.

Das Auswahlverfahren bestimmt die Gruppe selbst.

Der Auserwählte soll nach dem Ritual der Gruppe von den Handlungen innerhalb des Schiffes berichten.

Das Ereignis wird das erste Mal tradiert.

1. Juli 2016

Areal Emscherquelle

10:15 Uhr

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Zum Umgang mit Hundbesitzern und Joggern

Wir sitzen im Boot und es regnet. Die einzigen Passanten sind Sporttreibende und Gassigeher. Wie wollen wir mit Ihnen in Kontakt treten? Die Barriere zwischen Innen und Außen durchbrechen? Wollen wir uns erklären, erklären was Kunst ist? Oder reicht es ein nettes Gespräch mit ihnen zu führen? Angst, dass das Gespräch im Reden doch umschwenkt und wir zu Vermittlern werden, die Arbeit nicht für sich selbst sprechen kann. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes und ist nicht in einem Versagen der Arbeit an sich zu suchen. Verständnis dafür dass man die Dinge lieber erklärt bekommt als selbst nach zu spüren und dabei Gefahr läuft mit den eigenen Unsicherheiten in Berührung zu kommen. Sollen wir also auf Konfrontation gehen? Ein Ereignis schaffen das so direkt ist, dass es die Frage nach dem Warum nichtet. Die Gassigeher nach dem Namen ihres Hundes fragen, den Namen auf einem Zettel notieren um dann den Zettel vor ihren Augen zu zerreißen? Danach ein Gespräch über symbolische Handlungen mit ihnen führen, falls sie ärgerlich oder betroffen sind oder gerade mit ihnen über ihre Gleichgültigkeit sprechen wenn sie es nicht sind. Vielleicht einfach auch nur ein Schiffchen aus dem Namenszettel falten und es in die Pfütze setzen, im Wissen dass es bald untergehen wird. Vielleicht ein poetischerer Umgang mit dem Tod und der Vergänglichkeit von Geliebtem.

Finalmente kaufen wir ein Abflussrohr als eine Art Müllschlucker im Baumarkt. Jedesmal wenn ein Passant nun passiert, werfen wir eine missglückte Idee, einen verworfenen Gedanken oder ein gescheitertes Kunstwerk in den nach außen gelagerten Orkus. Als eine Art Notiz, dass es Leben im Boot gibt und Scheitern.

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29. Juni 2016

Areal Emscherquelle

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Während die Besucher die zwei Stufen hinuntersteigen, stehe ich neben dem Tisch. Blickkontakt, Begrüßung im Stehen; ich reiche meine Hand, nehme die andere, stelle mich mit meinem Namen vor. Tausch der Namen. Einladung mit der flachen Hand Platz zu nehmen. Wir setzen uns den an den Tisch, schauen uns kurz in die Augen. Ich erkläre me & you. „Ich möchte Sie bitten, sich einen Gegenstand auszusuchen…“ bei diesem Satz wehe ich einmal langsam mit der Hand über den Tisch als würde ich auf einer sich über den Objekten befindenden Ebene mit dem Handrücken Schnee wegschieben.

Bei der Erzählung halte ich den Gegenstand mit beiden Händen. Die Handrücken zeigen zum Tisch. Meine Unterarme berühren die Tischkante.

Nach der Erzählung, stehe ich auf und wähle ich ein Instrument der Zerstörung. Mein Gegenüber bleibt sitzen. Das Werkzeug der Zerstörung bestimmt meine Körperhaltung.

Nach der Zerstörung setze ich mich wieder an den Tisch ohne ihn zu berühren. Führe einmal meine offenen Handflächen Richtung Decke, drehe sie um 180° und lasse sie danach leicht auf meine Knie fallen, dumpfer Klang. (so, simsalabim, voilà) Lehne mich mit dem Rücken gegen den Sitz.

Meine Aktion ist vorbei, jetzt ist Raum für mein Gegenüber.

Meistens kommen Reaktionen schon während der Zerstörung oder vorher, wenn ich das Werkzeug der Zerstörung aussuche… „Warum haben sie X zerstört?“ Dann wird aus der Voilà-Geste ein Zeichen; ich weiss es auch nicht…

28. Juni 2016

Areal Emscherquelle

Die Besucherin sucht sich das ‚Hexenhaus‘ Modell aus. Das von mir als unheimliches Hexenhaus bezeichnete und mit Vorstellungen zu rituellen Handlungen besetzte Objekt, deutet mein Gegenüber in ein Indianerzelt um.

Man könne es mit Teppichen auskleiden, meint sie – das sei schön.

Dann kommt der Moment der Trennung. Ein Moment der Zerstörung, der die Erinnerung transformiert.

Die Besucherin berichtet vom eigenen Haus. Ein altes Fachwerkhaus das um – und ausgebaut werden soll. Sie berichtet von Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und ihrem Mann darüber, welche Gegenstände behalten, verkauft und weggeworfen werden sollen. Das seien schwierige Verhandlungen.

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26. Juni 2016

Areal Emscherquelle

14:35-14:47

Eine Frau mit blonden Haaren, wahrscheinlich gefärbt, wahrscheinlich um die 60, mit Schmuck behangen, prätentiös aufgetragener Lippenstift, Typ: Yachtclub. Offen ausgestellte Vorliebe für Luxus. Sie lässt ihre klobige Sonnenbrille auch nach unserer Begrüßung auf. Was hat sie für Augen? Sucht sich die kleine Muschel aus der Dom.Rep. aus. „Da war ich letztes Jahr auch – mit der AIDA…“

Nach der Zerstörung -durch einen kräftigen Schlag mit dem Hammer-, nimmt sie die Sonnenbrille ab-, klappt sie behutsam zusammen, legt sie auf den Tisch zu den Objekten. Augenkontakt. Gespräch über den Umgang mit Objekten, die man von Reisen mitbringt. Ist doch ganz nett, denke ich bei der Verabschiedung.

26. Juni 2016

Areal Emscherquelle

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12:30
Habe schon seit gestern den Impuls die Plastikente von Woolworth in die rieseige Pfütze vor dem Boot zu setzen. Eigentlich wurde sie gekauft um ein künstliches Element in den Phönixsee einzuschleusen. Heute hole ich sie dann aus dem Schrank. Neue Besucher treffen ein: erster Satz, das Beste ist die Ente. Die Geschichte dahinter ein Schlüsselmoment des Besuchers während der Emscher-Renaturierung. Selbst direkt an der Emscher aufgewachsen als sie noch Köttelbecke war, später dann auf dem Rad nach der Renaturierung wieder entlang der Emscher erspäht er die erste Ente auf der Emscher und es wird ihm klar, was da eigentlich passiert ist. Erinnerungen beinflussen unsere Wahrnehmung, das was wir imstande zu sehen sind.